Die Energieministerinnen und Energieminister von sieben Bundesländern beziehen Position zur aktuellen energiepolitischen Ausrichtung des Bundes – vehement fordern sie mehr Investitionen in die Energiewende.
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Bundesländer vs. Bundeswirtschaftsministerium
Mitte September hat das von Ministerin Katherina Reiche geführte Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) seine „Zehn Schlüsselmaßnahmen zum Monitoringbericht“ vorgestellt. Meist als 10-Punkte-Plan bezeichnet, hat das Dokument für viel Wirbel und große Branchen-Unsicherheiten hinsichtlich der bundesdeutschen Energiepolitik gesorgt.
Dazu gesellen sich ein lautes Nachdenken über die Abschaffung der Einspeisevergütung sowie drohende Netzentgelte für PV-Strom-Produzenten – PV Insider berichtete. Schon im Oktober stellten Die Grünen deshalb einen eigenen Vier-Punkte-Plan vor, der erneuerbare Energien stärken soll.
Jetzt wird der Widerstand gegen die Pläne der Bundeswirtschaftministerin eine Stufe größer und offizieller: Denn die Energieministerinnen und -minister von ganzen sieben Bundesländern – Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Bremen – begehren dagegen auf. Unter Führung des baden-württembergischen Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft haben sie ein Positionspapier zur Ausrichtung der Energiewende veröffentlicht. Darin fordern sie „klare Leitlinien für eine verlässliche und zukunftsorientierte Umsetzung der Energiewende“.
Die Forderungen der Energieminister der Länder
Wo sich viele Politiker sonst in möglichst unscharfen Floskeln verlieren, finden sich in dem Positionspapier, das interessierte PV-Insider-Leser hier in Gänze einsehen können, viele klare Punkte: Das baden-würtembergische Ministerium nennt als Kernaussage, dass es eine systematische Ausrichtung auf nachhaltige, kosteneffiziente und innovative Technologien braucht.
Weiter heißt es: „Bei der Energiewende geht es darum, wie wir als Gesellschaft Verantwortung übernehmen – für das Klima, für kommende Generationen und für die Stabilität unserer Wirtschaft. Es ist unbestritten, dass die Energiewende große Investitionen braucht, sowohl öffentliche als auch private.“
Die Länder nennen ihrerseits zehn konkrete Forderungen für eine Energiewende, „die Deutschland unabhängiger, resilienter und langfristig wettbewerbsfähiger“ machen:
- Erneuerbare Energien: Kosteneffizienz durch Systemintegration
- Energiepreissenkung für alle statt teurer Wahlgeschenke
- Keine erfolgreiche Industrietransformation ohne ein zukunftsfestes Energiesystem
- Sondervermögen gezielt in den klimaneutralen Wirtschaftsstandort investieren
- Technologieoffenheit ist notwendig in der Findungsphase – danach aber kostenintensiv und investitionshemmend
- Klare Entscheidungen, pragmatische Rahmenbedingungen und eine zügige Umsetzung für den Wasserstoffhochlauf
- CCS kosteneffizient einsetzen und auf schwer oder nicht-vermeidbare CO₂-Emissionen beschränken
- Klimaneutralitätsnetz aufbauen
- Konsequente Abkehr von kostenintensiven fossilen Technologien
- Flexibilitäten einsetzen
Zu all diesen zehn Themen gibt es auf der Website zum Positionspapier jeweils ausführliche, konkrete Erläuterungen – auf all diese hier einzeln einzugehen, würde den Rahmen dieser News-Meldung sprengen.
Vehemente Kritik an Bundesministerin Reiche
Die Autoren des Positionspapier betonen, dass Reiches geplante „Kürzungen beim Ausbau Erneuerbarer Energien, Rückschritte bei der Elektrifizierung des Verkehrs und der Wärme und ein Abgesang auf den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft keine Kosteneffizienz bringen, aber sehr wohl den nachhaltigen Wohlstand in unserem Land riskieren“.
Die von der Bundesministerin „vorgenommene Orientierung am wirklich untersten Rand des Korridors zum prognostizierten Strombedarf 2030“ sei nicht nur „ein Ausdruck des Misstrauens gegenüber der deutschen Wirtschaft“, sondern drohe sogar, „der Wirtschaftswende den Saft abzudrehen“.
Die bisherige Arbeit der Ministerin wird überraschend konkret kritisiert: Sie habe „in den ersten Monaten ihrer Amtszeit viel Unsicherheit gestiftet, sei es bei den von ihr in Aussicht gestellten und von der EU-Kommission in dieser Form wieder eingesammelten Gaskraftwerkskapazitäten“ (…) oder bei der „wackeligen Haltung zum Emissionshandel als Leitinstrument der deutschen Klimapolitik“. Weiter heißt es: „Dass die Bundesregierung das Fliegen durch Senkung der Luftverkehrsteuer billiger macht, während Bus- und Bahnfahren teurer werden, steht sinnbildlich für die ordnungs- und energiepolitische Irrfahrt der Bundesregierung.“ Als Repräsentantinnen und Repräsentanten ihre sieben Bundesländer schlussfolgern sie: „Für die Landes-Energieministerinnen und -minister ist klar – die klima- und energiepolitischen Chaostage müssen aufhören.“





