Bis zu 30 Prozent mehr Strom versprechen die Hersteller und Verkäufer von bifazialen Solarmodulen. Warum das unrealistisch ist und mit welchen Steigerungen du wirklich rechnen kannst, erklären wir dir hier.
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Was sind bifaziale Solarmodule?
Bifaziale Solarmodule können im Gegensatz zu klassischen, monofazialen Modulen mit beiden Seiten Licht in elektrische Energie verwandeln. Das bedeutet, dass sie nicht nur die direkte Sonneneinstrahlung auf der Vorderseite nutzen, sondern auch das reflektierte oder diffuse Licht, das auf die Rückseite trifft. Diese Module bestehen in der Regel aus transparenten Materialien wie Glas auf Vorder- und Rückseite, wodurch Licht durch das Modul scheinen und auf der Rückseite wieder aufgefangen werden kann. Man spricht deshalb auch von Glas-Glas-Modulen. Besonders vorteilhaft ist dieser Aufbau in Umgebungen mit stark reflektierenden Oberflächen wie Schnee, Sand oder hellen Betonflächen, da dort mehr Licht auf die Rückseite gelenkt wird.
Durch die doppelseitige Stromerzeugung steigt der Energieertrag pro Modul, was bifaziale Solarpanels besonders effizient und wirtschaftlich interessant macht. Sie kamen eine Zeit lang vor allem in großen Solarparks, auf Flachdächern oder als Zäune zum Einsatz. Mittlerweile verwendet sie aber auch fast jedes Balkonkraftwerk, da sie auf der gleichen Fläche mehr Energie erzeugen und so den begrenzten Platz auf einem Balkon besser nutzen.

Die Vor- und Nachteile von bifazialen Solarmodulen
Die Vorteile:
- Höhere Stromausbeute: Bifaziale Module erzeugen mehr Strom auf der gleichen Fläche als monofaziale Module, da sie Streulicht mit der Rückseite einfangen. Je nach Untergrund produzieren sie 5 bis 15 Prozent mehr.
- Höherer Schutz: Die Glas-Glas-Bauweise schützt die Rückseite besser vor Umwelteinwirkungen wie Feuchtigkeit und Staub. Die Schutzfolien auf der Rückseite von monofazialen Modulen können leichter Risse bekommen als das rückseitige Glas bifazialer Module.
Die Nachteile:
- Preis: Lange Zeit waren bifaziale Module aufgrund ihrer Bauweise teurer – allerdings ist das nicht mehr so. Die Preise sind in den letzten Jahren massiv gesunken und teils kosten bifaziale sogar weniger als monofaziale. Daher verwenden fast alle Balkonkraftwerke nur noch Module in dem Glas-Glas-Design. Der Punkt „Preis“ ist also de facto mittlerweile kein Nachteil mehr.
- Gewicht: Durch die zusätzliche Glasplatte auf der Rückseite wiegen bifaziale Solarmodule mehr. Während normalgroße, nicht bifaziale Module etwa 20 Kilogramm wiegen, können bifaziale bis zu 25 Kilogramm auf die Waage bringen. Das kann ein K.O.-Kriterium für einige Balkongeländer sein. Wer sie im Garten aufständert, profitiert hingegen von einem stabileren Stand durch die zusätzlichen Kilos.
- Reinigung: Solarmodule sollten sauber sein, damit sie effizient arbeiten. Die Rückseiten von bifazialen Modulen sind aber oft schwer zu erreichen. Gleichzeitig verschmutzen sie dort aber auch spürbar weniger.

Vorsicht vor den Marketing-Versprechen: Der richtige Untergrund entscheidet
In Online-Shops und auf den Hersteller-Websites von Photovoltaik-Modulen liest man häufig eine Aussage: Bifaziale Solarmodule steigern die Stromproduktion um bis zu 30 Prozent. So schafft ein klassisches Balkonkraftwerk mit 900 Wattpeak plötzlich 1.170 Wattpeak. Klingt super, ist aber leider vollkommen unrealistisch. Zwar sind die Module unter den allerbesten Bedingungen dazu in der Lage, aber in der Praxis erreicht man solche Leistungssteigerungen nicht.
Vor allem der Untergrund ist für eine höhere Ausbeute entscheidend: Denn je mehr Licht er reflektiert, desto mehr Energie kann das Modul umwandeln. Doch die Module hängen zumeist an einer Fassade oder einem Balkongeländer bzw. stehen auf dem Rasen oder auf Asphaltböden – und die reflektieren allesamt nicht besonders gut. Wenn Solarmodule eines Balkonkraftwerks auf einem Schrägdach aufgebracht werden, ist das bifazialen Plus sogar noch geringer.
Asphalt etwa wirft in der Theorie 5 bis 25 Prozent des Sonnenlichts zurück. Zudem muss es oft noch von mehreren Oberflächen abprallen, bevor es auf der Rückseite des bifazialen Moduls landet. Bei jeder Reflektion verliert es mehr an Energie, sodass nur ein Bruchteil der Sonnenenergie auf der Rückseite des Solarmoduls ankommt.
Aber wenn die 30 Prozent ein reines Werbeversprechen sind, was wäre dann ein realistischer Mehrertrag von bifazialen Modulen? Grob kannst du von einer Steigerung von 5 bis 10 Prozentpunkten ausgehen. Wenn du reflektierende Folien unter die Module legst, kannst du den Wert auch auf bis zu 15 steigern. Ein US-amerikanischer Farmer hat das einmal getestet und seine Erfahrungen in diesem Video veröffentlicht.
Das ist zwar immer noch weniger als die Werbetreibenden versprechen – da aber die Module bis zu 30 Jahre lang betrieben werden können, kommt innerhalb ihrer Lebenszeit dennoch einiges zusammen.
Fazit: Wie sinnvoll sind bifaziale Solarmodule?
Der größte Kritikpunkt an bifazialen Solarmodulen war einst, dass sie teuer waren. Doch die Preise sanken in den letzten Jahren kontinuierlich und nun liegen sie gleichauf mit den monofazialen. Da sie also nicht mehr kosten, aber mehr Strom auf der gleichen Fläche produzieren, sind sie die wirtschaftlich sinnvollere Wahl.
Zwar erreichen sie nicht die von den Shops versprochenen Werte von bis zu 30 Prozent, doch selbst eine kleine Ertragsteigerung von nur 5 Prozent kann dafür sorgen, dass man über die gesamte Laufzeit von bis zu 30 Jahren mehrere Hunderte Euro an Stromkosten zusätzlich einsparen kann.





